Roland Baader
1940 - 2012Er lebt in einem sozialen Rechtsstaat mit sozialer Marktwirtschaft und einem inzwischen beträchtlich gewachsenen sozialverpflichteten Eigentum. Er hat ein halbes Dutzend Sozialversicherungen und genießt einen umfassenden Sozialschutz in einem feingenüpften sozialen Netz. Im sozialen Notfall oder bei sozialen Schieflagen vertraut er auf das Sozialstaatsprinzip und auf die Sozialgesetzgebung, auf Sozialsystem und Sozialverbände, die ihm mit Sozialhilfe unter die Arme greifen, um seinen sozialkulturellen Standard und sein soziales Existenzminimum zu garantieren.
Als sozial eingestellter Bürger sehnt er sich nach sozialer Gerechtigkeit und sozialen Frieden – und setzt deshalb auf eine sozial ausgewogene Sozialpolitik der allesamt sozialdemokratischen Parteien. Die Festlegung des Volumens an sozial notwendiger Arbeit und seines Arbeitsentgelts überläßt er den Sozialpartnern, von denen er sozialverträgliche und in sozialer Verantwortung getroffene Entscheidungen zur Durchsetzung seiner sozialen Ansprüche erwartet, aber auch die Wahrung der sozialen Rechte der sozial Schwächeren.
Widrigenfalls pocht er auf das Sozialgesetzbuch und die soziale Rechtsprechung der Sozialgerichte, notfalls – bei sozial unausgewogenen oder gar sozialunverträglichen (weil die Sozialwahl verletzenden) Entlassungen – auf Sozialentschädigung und Sozialabfindung.
Der Sozialmensch denkt und empfindet sozial, lebt am liebsten in einer Sozialwohnung und wünscht sich einen sozial eingestellten Vermieter, sowie einen Arbeitgeber mit sozialem Gewissen. Nichts fürchtet er mehr als soziale Blindheit, eine Kürzung des sozialstaatlichen Sozialbudgets, einen sozialen Umbau oder gar einen sozialen Kahlschlag in den Sozialwerken.
Vielleicht weiß der einzelne Sozialmensch nicht, daß seine Regierung schon 1961 eine Europäische Sozialcharta unterzeichnet hat, deren Institutionen wie Sozialrat, Sozialkommissar und Sozialausschuß das Ziel eines europaweit sozial harmonisierenden Sozialniveaus verfolgen, vielleicht kümmert er sich auch wenig um die neue Sozialcharta des Maastricht-Vertrages mit ihren Ambitionen für einen sozialen Ausgleich der europäischen Sozialstandards, aber da er Markt und Wettbewerb ohnehin für unsozial hält, würde er die soziale Abfederung der EU-Sozialmodelle gegen Sozialdumping und sozial schädliche Konkurrenz in einem sozialen Europa ohnehin begrüßen.
…
Und noch eines, Sozialmensch, bedenke: Die Sozial-Vokabeln sind die Brenneisen, mit denen der Sozialismus in die Hirne und Herzen der Menschen eingebrannt wird. Wer sich die Brandzeichen aufdrücken läßt, gehört ab dato dem Staat, nicht mehr sich selber. Sozialstaat bedeutet hierbei nichts anderes als Sozialismus mit eingezogenen Krallen, wobei das Katze-Maus-Verhältnis und das Schicksal der Mäuse gleichwohl unverändert tragisch bleiben.“
Fauler Zauber – Schein und Wirklichkeit des Sozialstaats, 1997
Friedrich August von Hayek
1899 - 1992Individualismus und wirtschaftliche Ordnung, Salzburg 1976
Ludwig von Mises
1881 - 1973Man muß in der Lage sein, den, der das Leben, die Gesundheit oder persönliche Freiheit anderer Menschen oder das Sondereigentum nicht achten will, mit Gewalt dazu zu bringen, sich in die Regeln des gesellschaftlichen Zusammenlebens zu fügen.
Das sind die Aufgaben, die die liberale Lehre dem Staat zuweist: Schutz des Eigentums, der Freiheit und des Friedens.
Der deutsche Sozialist Ferdinand Lasalle hat die Beschränkung der Aufgaben der Regierung dadurch ins Lächerliche zu ziehen gesucht, daß er den nach den Ideen der Liberalen eingerichteten Staat den Nachwächterstaat genannt hat. Doch es ist nicht einzusehen, warum der Nachtwächterstaat lächerlicher oder schlechter sein sollte als der Staat, der sich mit der Sauerkrautzubereitung, mit der Fabrikation von Hosenknöpfen oder mit der Herausgabe von Zeitungen befaßt.“
Liberalismus, 1927